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Was echte Satiriker über Mitmenschen zu sagen haben
- 11. März 2023
- Posted by: Beer Theresia
- Category: HAK

Bezau. Am Abend des 28.2.2023 erfreuten Ferdinand Führer und Roland van Oystern, zwei renommierte Künstler aus dem Umfeld des berühmt-berüchtigten Satire-Magazins „Titanic“ alle in der Bibliothek Anwesenden mit ihrer Performance. Diese Lesung des Duos aus ihrem bitterbös-sarkastischen Gemeinschaftswerk „Kritik am Mitmensch“ war der Auftakt einer zweitägigen Veranstaltung mit Workshops in den 4. und 5. Hak-Klassen. Dem Publikum wurde demonstriert, dass Satire dann beginnt, wenn sie sowohl Vortragenden als auch Zuhörenden in Gehör, Herz, Seele und Leib sch(m)erzt. Lacher, Augenrollen, hochgezogene Augenbrauen und dann wieder tosender Applaus wechselten einander ab, amüsant kommentiert von den beiden Verfechtern der vollfreien Meinungsäußerung.

Führer und van Oystern zeigten im Verlauf der Veranstaltung auch einiges an Empathievermögen, lasen fiktive Musikkritiken, Kurzprosa mit autobiographischem Hintergrund, bis ihre verbalen Volten bei ihrem Reisebericht „Ein Tag Hagel und immer was zu essen da“ verebbten und ein geplättetes Auditorium zurückließen. Der rege Gedankenaustausch im Anschluss zeigte, welche Kraft, welchen Erklärungshunger spitze, relevante bzw. scharfe Satire erzeugt und wie dringend die dadurch aufgeschürften Seelen mit Wortbalsam nachbehandelt werden mussten. Dionysus sei Dank wussten einige (von der Kritik auszunehmende) „Mitmenschen“ Rat und schritten zur Tat.
Weitere Gegenbelege zur vielleicht voreiligen Hauptforderung des Abends, „Mitmensch“ als Schimpfwort in den Duden aufzunehmen, seien aufgrund ihrer Verdienste angeführt.

Magdalena Alexa glänzte als Organisatorin, Dir. Mario Hammerer und Melanie Greußing von double-check, dem Netzwerk für Kultur und Bildung in Vorarlberg, machten sich verdient mit ihrer Initiative und großzügigen Finanzierung, Florian Moser als spontan-souveräner Moderator, Theresia Beer rührte im Vorfeld die Werbetrommel und Thomas Moosbrugger hostete den humoristischen Doppelpack in der Doppel-HAK. Die vielen Smiles in den Gesichtern der Viert- und Fünftklässler*innen können getrost gelesen werden als ein „Es macht einfach Freude, wenn sich Profis dieses Themas annehmen. Die Satire fällt bei uns auf fruchtbaren Boden.“ Auch Führer und van Oystern waren in ihrem ersten Workshop an einer Schule merklich und ehrlich angetan vom Humor und dem kreativen Potential hier. „Ich bin begeistert vom Ergebnis der zwei Tage. Kultur gehört an unsere Schule und gerade Satire tut uns allen gut“, lässt Mario Hammerer, Schulleiter an den BWS, alle Beteiligten beim abschließenden Gespräch wissen.

Satire – ein Projektbericht für double-check
Sich auf Vollblutsatire einzulassen bedeutet oft eine Gratwanderung mit der Gefahr des Kippens ins Offensive (s. Triggerwarnung) oder schwer behebbarer Missverständnisse, eine Alphabetisierung im Humoristischen ist vielfach individuell erworben und nicht überall im gleichen Grad vorauszusetzen. Vorbereitungen im Vorfeld schienen daher angezeigt, um den Lesungsbesucher*innen aus dem Haus bzw. vor allem den Workshopteilnehmer*innen einen möglichst großen Gewinn und eine Teilhabe zu ermöglichen. Dann waren die beiden Sprachartisten da, überraschten alle sehr positiv und hatten Interessierten wirklich eine Menge anzubieten: verbalen Schliff, eindrucksvolle Genre-Beherrschung, eine Menge „food for thought“, Einsichten in berufliche Metiers und Lebensgeschichten, Haltung u. a. Der Funke sprang nicht nur bei der Lesung in der Bibliothek auf die Zuhörer*innen über, sondern auch beim Workshop auf großen Anteil nehmende Jugendliche.
Von Komik bzw. Satire zu leben, dieser Exotenstatus hat freilich dazu geführt, die Künstler darüber mit Fragen förmlich auszusaugen – dass sie diesem Interviewfeuer so tapfer standhielten und dem Interesse mit Auskünften bereitwillig entgegenkamen, sei ihnen hoch angerechnet. Ihr Auftritt war eine Belebung und Bereicherung, er hat in unserem Bildungsbusiness Spuren hinterlassen. Groß, ja riesig und entscheidend, war hier zu merken, ist der Unterschied, ob man Satire mit (oft nur medial vermittelten) Kunstfiguren erlebt oder dahinter auch Menschen gegenüber hat. Der quasi „analoge“ Charakter bei der Kunstform Satire/Literatur bildete die Stärke und Bedeutung dieses Kulturprojekts.
Die Resonanz der Künstler auf die beiden HAK-Klassen und die Arbeitsproben war ehrlich anerkennend. Es dürfen also alle Beteiligten höchst zufrieden bilanzieren.
Bericht: Mag. Thomas Moosbrugger
